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Taler

Oberbegriff für eine Reihe von Großsilbermünzen, die seit dem ausgehenden 15. Jh. ausgegeben wurden. Neben einer Zunahme des Handels in Europa hatte im ausgehenden 15. Jh. auch die Silbergewinnung zugenommen. In der zweiten Hälfte des 15. Jh.s genügte die Ausmünzung des Golds in Form der Florene (im Römisch-Deutschen Reich Goldgulden) den gestiegenen Anforderungen des Handels nicht mehr, zumal das Gold im Römisch-Deutschen Reich erst eingeführt werden musste. Da aber in Tirol, Böhmen und Sachsen genügend eigenes Silber zur Verfügung stand, war die Idee naheliegend den Wert eines Guldens in reichlich vorhandenem eigenen Silber darzustellen, anstatt das teure Gold einzuführen. Dies brachte technische Schwierigkeiten mit sich, denn bisher war die größte in Deutschland geprägte Silbermünze der etwa 3 g schwere Groschen, in Venedig prägte man in den 70er Jahren die Lira Tron (ca. 6,5 g), in Mailand den Testone (fast 10 g).
Im Jahr 1486 gelang unter Erzherzog Sigismund von Tirol in der kurz zuvor neu eröffneten Münzstätte in Hall (nahe der Schwazer Silberbergwerke) die Herstellung einer Großsilbermünze im Gewicht von über 31 g, die wegen ihres Werts (1 Gulden) Guldiner oder wegen ihres Gewichts von annähernd einer Unze lat. Uncialis genannt wurde. Aufgrund der technischen Schwierigkeiten war die Prägung der Tiroler Guldengroschen nicht umfangreich, aber sie gab Anregungen für ähnliche Prägungen des Herzogs von Lothringen und verschiedener Schweizer Städte. Als die Silberausbeute der sächsischen Herzöge im Erzgebirge anstieg, prägte man dort seit ca. 1500 Groschen im Wert eines Guldens, die Guldengroschen genannt wurden und sich innerhalb weniger Jahre als Grundlage der Silberwährung durchsetzten. Der Name Thaler (später in der Schreibweise Taler) setzte sich erst im Laufe des 16. Jh.s durch, abgeleitet vom Joachimstaler, den die Grafen Schlick um 1520 in Joachimsthal, auf der böhmischen Südseite des Erzgebirges, in großen Mengen ausprägen ließen. Die Berühmtheit der verbreiteten Joachimstaler hat sich in der russischen Bezeichnung Jefimok und in der französischen Bezeichnung Jacondale noch erhalten. In Deutschland hielt sich der Name Taler und wurde als Fremdwort in viele Sprachen übernommen: Niederländisch Daalder, skandinavisch Daler, italienisch Tallero, polnisch Talar, über den englischen Sprachgebrauch Dollar in Amerika und so über die ganze Welt. Es entstanden auch andere Namen für die repräsentativen Großsilbermünzen: In England Crown, in Frankreich Ecu, in Italien Scudo, in den südlichen Niederlanden Dukaton oder Patagon, in Spanien und seinen Kolonien war dies das Acht-Reales-Stück oder der Peso.
In Deutschland versuchte man durch die Reichsmünzordnungen des 16. Jh.s zu einem einheitlichen Gewicht und Feingehalt der in verschiedenen Münzfüßen ausgebrachten Taler zu kommen: Die Esslinger Reichsmünzordnung von 1524 ignorierte den sächsischen Münzfuß und führte einen kaum geprägten Guldiner ein, an den sich auch die Habsburger nicht hielten, nachdem ihnen Kaiser Karl V. 1524 das Privileg erteilte, ihn ein Quentchen (1/63 Mark) leichter zu prägen (Privileg des Quentchen). Trotzdem nahm die Prägung der Taler mit den Jahren zu. Auch die Augsburger Reichsmünzordnung von 1551 konnte den Dualismus zwischen Taler und Guldiner nicht lösen und setzte einen Guldiner zu 72 Kreuzern fest, gemäß dem inzwischen gestiegenen Kurswert des Guldens. Als danach immer noch viele Münzstände am Taler festhielten, wurde mit der Augsburger Reichsmünzordnung von 1559 die Bindung des Silbergeldes an das Gold aufgegeben. Diese Ordnung begünstigte den in Süddeutschland inzwischen heimisch gewordenen Silbergulden oder Reichsguldiner zu 60 Kreuzern. Den Durchbruch zum Reichstaler brachte erst der Reichsabschied von 1566. Aus der Kölner Mark zu 233,856 g sollten nun 9 Reichstaler ausgebracht werden, im Raugewicht von 29,23 g (889/1000 fein), im Silbergewicht von je 25,98 g. Diese Regelung bestand theoretisch (ungeachtet der tatsächlichen Prägungen) bis zur Auflösung des Römisch-Deutschen Reichs (1806). Verantwortlich für die Unterhöhlung der Talerprägung waren nicht zuletzt die Habsburger Kaiser selbst, die vor allem unter Erzherzog Ferdinand II. und unter Karl VI. minderwertige Talermünzen ausgaben.
Neben den tatsächlich ausgeprägten Talern (Speciestaler) bürgerte sich der Rechnungstaler ein, der nach 1600 in Nord- und Mitteldeutschland zu 24 Guten Groschen, in Süddeutschland zu 90 Kreuzern gerechnet wurde. Dieses Rechnungssystem blieb auch bestehen, als der Speciestaler nach dem Leipziger Fuß auf 32 Gute Groschen bzw. 90 Kreuzer gesetzt wurde. In der Kipper- und Wipperzeit wurden in Sachsen, Thüringen und Bayern unterwertige Kippertaler geprägt. Nach der Kipper- und Wipperzeit blühte die Prägung des Reichsspeciestalers noch einmal auf. Nach der Einführung des Graumannschen Münzfußes 1750 und des Konventionsfußes 1753 haben nur noch Kur-Hannover und Braunschweig-Wolfenbüttel Reichsspeciestaler geprägt (vorwiegend als Ausbeutetaler). Im 17./18. Jh. prägten viele Münzstände in Mittel- und Norddeutschland nach dem Münzfuß des leichteren Albertustaler (Patagon), der an der Ostsee zur Handelsmünze wurde. Auch Konventionstaler wurden geprägt, die zu Beginn des 19. Jh.s in Süddeutschland vom Kronentaler verdrängt wurden, die ebenfalls aus den Südlichen Niederlanden stammten. Eine Besonderheit stellte der Bergische Kassentaler dar. Danach spielte der Vereinstaler eine wichtige Rolle, der praktisch von allen deutschen Staaten geprägt wurde. Nach der sukzessiven Umstellung des deutschen Kaiserreichs auf die Markwährung wurden im Jahr 1908 die letzten im Umlauf verbliebenen Vereinstaler, die noch im Wert von 3 Mark zirkulierten, ungültig. Die nachfolgenden 3-Mark-Stücke werden zu Unrecht als Taler bezeichnet. Es gab auch repräsentative Mehrfachtaler (vor allem im silberreichen Sachsen und Niedersachsen), die neben den einfachen Taler-Stücken heute gesuchte und begehrte Sammelobjekte darstellen. Für die international begehrten Talermünzen hat sich eine spezielle Literatur entwickelt.