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Münzwaagen

Feinwaagen waren zur Herstellung und zum Nachwägen von Münzen seit der Antike im Gebrauch. Da die Benennungen vieler alter Münzen von Gewichten abgeleitet sind (Libra, Litra, Uncia, Stater, Schekel), hat die im 16. Jh. entstandene historische Metrologie sich in engem Zusammenhang mit der Numismatik entwickelt. Bis zum Ende der Goldwährungen im frühen 20. Jh. waren die Münzwaagen zum Wiegen des Edelmetalls ein wichtiger Bestandteil des Münzgeldverkehrs. Schon die römische Personifikation des Geldes (Moneta) wurde mit der Waage in der Hand dargestellt. Auch das in der Villa der Vettier in Pompeji erhaltene Fresco mit einer Prägeszene zeigt u.a. zwei Münzwaagen. Schon in römischer Zeit scheint es Waagen beider Grundtypen gegeben zu haben: Die zweiarmige Balkenwaage (Bilanx) und die einarmige Schnellwaage. Zu der Balkenwaage gehört ein Satz Münzgewichte, bei den Römern Exagium genannt, und Ausgleichsgewichte (vor allem bei Gold), um den Gewichtsverlust zu bestimmen. Neben dem natürlichen Abrieb der Münzen, die lange im Zahlungsverkehr kursierten, führte im Mittelalter und in der Neuzeit auch illegales Beschneiden der Ränder und Abfeilen der Münzen zu Gewichtsverlust. Das Prinzip der Schnellwaage, das im Byzantinischen Reich schon weit verbreitet war, basiert ebenfalls auf der Balkenwaage. Statt dem zweiten für das Gewichtsstück vorgesehenen Arm war schon das Gewichtsstück selbst eingearbeitet, sodass die Schnellwaage höchstens für einige (gleichgewichtige) Münzsorten in Frage kam. Die zu Beginn des 17. Jh.s "Geldkippe" genannte Schnellwaage gab der geldgeschichtlichen Epoche der Kipper- und Wipperzeit ihren Namen.

Im Früh- und Hochmittelalter waren keine Münzwaagen in Gebrauch, da die Pfennige nicht nach dem Gewicht der einzelnen Stücke (al pezzo), sondern nach der Stückzahl der aus dem Basisgewicht (Gewichtsmark) zu münzenden Pfennige (al marco) ausgegeben wurden. Um das Aussortieren nach Gewicht zu verhindern, waren die Waagen sogar zeitweilig verboten. In Arabien hingegen waren Münzwaagen und -gewichte u.a. zum Nachwiegen der Dinare durchaus gebräuchlich. Mit der zunehmenden Bedeutung der Goldmünzen im spätmittelalterlichen Europa wurden die Waagen (seit dem 14. Jh.) zum notwendigen Instrument der Kaufleute, Bankiers und Wechsler. Denn nun bestand die Gefahr, dass die Goldgulden beschnitten werden konnten, um das Edelmetall zu horten oder an Münzstätten bzw. Goldschmiede zu verkaufen. Im 15./16. Jh. kamen hölzerne Kästchen in Gebrauch, die in vorgesehenen Fächern handliche, zusammenfaltbare Waagen (aus Eisen) und die gängigen Münzgewichte (aus Messing) enthielten. Da die Waagen und Gewichte sehr präzise gearbeitet sein mussten, bildete sich in großen Handelsstädten eine Waagenmacherzunft aus. Die Zentren waren Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen, Paris, Mailand, Genua, Turin und Venedig, in Deutschland (im 17. und 18. Jh.) Köln und Nürnberg. Vor allem in Köln wurden zwischen 1600 und 1800 kunstvolle Münzwaagen und -gewichte hergestellt, die sich heute noch in Museen aller Welt finden. Im 18. Jh. verlagerte sich die Herstellung der Münzwaagen ins Bergische Land. Die Münzwaagenprodukte aus Barmen, Elberfeld, Lennep, Radevormwald, Solingen und anderen Städten gewannen bald großes Ansehen und wurden ins Ausland exportiert. Seit der Mitte des 19. Jh.s verloren die Münzwaagen allmählich an Bedeutung, was mit dem Verschwinden der Goldmünzen, der Nationalisierung der Währung und der wachsenden Bedeutung des Papiergelds zu tun hatte. Schön gearbeitete Münzkästchen sind heute in Sammlerkreisen sehr gesucht und entsprechend teuer.

Bergische Münzwaage 1817 von Johann Caspar Mittelstenscheidin Lennep

Bergische Münzwaage 1817 von Johann Caspar Mittelstenscheidin Lennep