Kaiser
Vom lat. Caesar entlehnte Bezeichnung für die höchste Herrscherwürde, ursprünglich der Name des Begründers der Idee der Alleinherrschaft über das Römische Reich. Der erste römische Kaiser war Augustus. Aus Amtsbezeichnung, Eigen-, und Ehrenname entwickelten sich im Römischen Reich die wichtigsten Titelbezeichnungen der Kaiser, Imperator Caesar Augustus. Caesar nannten sich vor Nero alle römischen Kaiser und deren Familienangehörige. Seit Hadrian wurde der Thronfolger, unter Diokletian und Maximian wurden die beiden Mitregenten zu Caesaren ernannt (Tetrarchie). Der Kaiser selbst trug die Titel Augustus und Imperator. Das Römische Reich zerfiel allmählich in einen west- und einen oströmischen Teil. Seit 395 v. Chr. war der Kaiserthron von Konstantinopel (Byzanz) regelmäßig besetzt, die Kaiser des Byzantinischen Reichs sahen sich selbst als Erben des Römischen Reichs. Der letzte oströmische Kaiser fiel 1453, das Erbe ging an die russischen Zaren über, die Moskau als "Drittes Rom" sahen. Zar Peter der Große nahm 1721 den Titel Imperator an.
Karl der Große ließ sich seine Krönung zum weströmischen Kaiser (Serenissimus augustus imperator, Romanorum gubernans imperium), die durch Papst Leo III. am Weihnachtstag 800 v. Chr. vollzogen wurde, nachträglich vom oströmischen Kaiser bestätigen. Otto der Große erneuerte 962 das deutsche Königtum und verband es mit dem Kaisertum. Die durch den Papst gesalbten und gekrönten Kaiser hatten theoretisch die Oberherrschaft über alle weltlichen und geistlichen Herrscher des christlichen Abendlands. Der Universalanspruch des Kaisers, die geistliche und weltliche Macht (Sacerdotium und Imperium) zu beanspruchen, störte mit zunehmender Spiritualisierung des Kaisertums im Mittelalter das Gleichgewicht zwischen Kaiser und Papst. Der Streit zwischen Papsttum und Kaisertum wurde im Investiturstreit ausgefochten und endete mit der Gleichberechtigung beider Mächte. Papst Bonifatius VIII. beanspruchte in der Bulle "Unam sanctam" (1302) noch einmal vergeblich den universalen Machtanspruch des Papsttums.
Im Spätmittelalter verschwand der Universalienstreit und es bildete sich eine eher staatsrechtliche Auffassung des Kaisertums heraus. Dadurch entwickelte sich ein Gegeneinander zwischen König und Reichsständen, die den Kaiser in seiner Macht beschränkten. Dem Kaiser blieben die Rechte auf Standeserhöhung, Reichsacht und oberste Gerichtsbarkeit. Die Kaiserwürde lag seit der Mitte des 15. Jh.s fast ausschließlich bei den Habsburgern. Karl V. wurde 1530 als letzter deutscher König vom Papst zum Kaiser gekrönt. Seine Nachfolger im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation trugen, wie schon zuvor Kaiser Maximilian I., den Titel "Erwählter Kaiser". Nach Gründung des Rheinbunds legte Kaiser Franz I. 1806 die deutsche Kaiserkrone nieder. Er hatte bereits 1804 den Titel Kaiser von Österreich angenommen, in demselben Jahr wurde Napoleon zum (erblichen) Kaiser von Frankreich. Der Deutsch-Französische Krieg von 1870/71 brachte das Ende des Zweiten Französischen Kaiserreichs (Second Empire) unter Napoleon III. und den Beginn des Deutschen Kaiserreichs durch Krönung des preußischen Königs zum Deutschen Kaiser (erblich) in Versailles. Nach dem Ersten Weltkrieg 1918 ging das Kaisertum sowohl in Deutschland als auch in Österreich unter. Die englische Königin Viktoria nahm 1876 den Titel "Kaiserin von Indien" an. Mit der Unabhängigkeit Indiens verlor König Georg VI. 1947 den Titel Emperor (Imperator) of India.
Das schon seit 221 v. Chr. bestehende Kaiserreich in China wurde mehrfach in Teilreiche zersplittert und zerbrach, als 1912 der 6-jährige Kaiser Pu Yi gestürzt wurde. In Korea (1392-1910) und Annam (1428-1887) bestanden Kaiserreiche, in Brasilien von 1822 bis 1889 und in Mexiko von 1864 bis 1867. Das Kaiserreich wurde in Äthiopien (Titel Negus) 1975, im Iran (Titel Schah) 1979 abgeschafft. Im Jahr 1976 und 1976 ließ sich der bisherige Präsident Bokassa zum Kaiser ausrufen, 1979 wurde wieder die Zentralafrikanische Republik hergestellt. Seit 1947 übt der japanische Tenno (entspricht etwa dem Kaiser) nur repräsentative Funktionen aus.