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Münzprägestätten

Eine Münzprägestätte – auch Münzstätte oder Münzprägeanstalt genannt – ist ein Ort, ein Gebäude, eine Werkstatt oder eine Fabrik, in der Münzen hergestellt werden. Als Kurzbezeichnung wird auch der Begriff „Münze“ verwendet.

Zeitgenössische deutsche Prägestätten

Deutsche Münzen werden aktuell in fünf staatlichen Prägestätten hergestellt. Zu unterscheiden sind die Geldstücke aus den Münzprägestätten der Bundesrepublik Deutschland jeweils an der Kennzeichnung mit einem Buchstaben, dem sogenannten Münzzeichen (auch als Prägebuchstaben oder Prägezeichen bezeichnet).

Alle Eckdaten zu den staatlichen Münzprägestätten der BRD im Überblick:

Prägestätte Münzzeichen Münzzeichen gültig seit Herstellungsort Anteil an deutschen Kursmünzen
Staatliche Münze Berlin A 1750 Berlin 20 %
Bayrisches Hauptmünzamt D 1871 München 21 %
Staatliche Münzen Baden-Württemberg, Stuttgart F 1872 Stuttgart 24 %
Staatliche Münzen Baden-Württemberg, Karlsruhe G 1872 Karlsruhe 14 %
Hamburgische Münze J 1873 Hamburg 21 %

 

Neben diesen staatlichen Münzprägeanstalten gibt es noch einige private Münzstätten mit Sitz in der BRD:

  • ESG (Rheinstetten)
  • B. H. Mayers (Karlsfeld)
  • Mayer Mint GmbH (Pforzheim)
  • Leipziger Edelmetallverarbeitung (Leipzig)

In diesen Münzprägestätten werden keine Euro-Umlaufmünzen geprägt. Private Prägeanstalten dürfen aber sogenannte Agenturmünzen herstellen. Bei diesen handelt es sich um Prägeaufträge ausländischer Kursmünzen. Zusätzlich dürfen diese privaten Unternehmen Gedenkmünzen, Medaillen und Münzbarren prägen.

Die Geschichte der Münzprägestätten

Münzprägestätten im antiken Griechenland und Rom

Die antiken griechischen Münzen wurden meist in der Hauptstadt der Stadtstaaten geprägt. Häufig gehörte auch noch das Umland oder der Bündnispartner (Bundesmünzen) dazu.

Die erste Münzstätte Roms war, noch vor der Machtentfaltung des Römischen Reichs, im Tempel der Juno untergebracht (siehe Moneta). Die ersten Silbermünzen stammten teilweise noch aus süditalischen und sizilischen Münzstätten. Mit der Machtentfaltung des Römischen Reichs wurden die Reichsmünzen in Rom geschlagen.

In der römischen Kaiserzeit stieg der Geldbedarf so an, dass das Münzamt von Rom vermutlich die benötigten Geldmengen nicht mehr allein herstellen konnte. Für den lokalen Geldbedarf der Provinzen arbeiteten in der Provinz Ägypten die Münzstätte Alexandria, für die Provinz Syrien vorwiegend Antiochia mit Prägungen im Drachmenfuß.

Die Zuordnungen der Münzstätten ist schwierig, weil zu dieser Zeit keine Münzzeichen auf die Münzstätten hinweisen. Schon Kaiser Augustus ließ etwa 15 v. Chr. eine Münzstätte in Lugdunum (Lyon) eröffnen, die Bronze-, Silber- und Goldmünzen für das Römische Reich herstellte. In den Städten Caesarea, Pergamon und Ephesos wurden nicht nur lokale Münzen hergestellt, sondern auch Kistophoren und wohl auch Reichsmünzen unter den julisch-claudischen Kaisern.

Seit den Bürgerkriegen (68/69 v. Chr.) kamen wohl noch eine Reihe weiterer Münzstätten hinzu. Viele wurden während der Geldkrise in der 2. Hälfte des 3. Jh. v. Chr. geschlossen, um unter Diokletian als offizielle Reichsmünzstätten wieder eröffnet zu werden. Seitdem wurden die Münzstätten gekennzeichnet.

Colonia Agrippina (Köln) prägte bereits von 257 bis 274 v. Chr. vorwiegend für die Kaiser Postumus und Victorinus. Treveri (Trier) prägte zwischen 260 und 274 v. Chr., wurde unter der Tetrarchie Diokletians 293 v. Chr. wiedereröffnet und entwickelte sich dann zur Hauptmünzstätte des westlichen Reichs (423 v. Chr. geschlossen). Die einzige ununterbrochen tätige Münzstätte war in Rom. In diesem Herstellungsort wurde bis 479 v. Chr. gearbeitet.

Münzprägestätten in der Spätantike und im Früh- und Hochmittelalter

In der Merowingerzeit ist von Wandermünzstätten und Prägungen an den Königshöfen auszugehen.

Im Früh- und Hochmittelalter war das Münzwesen im Westen weiter fortgeschritten als im Osten. Die letzten Karolinger des Ostreiches prägten in:

  • Maastricht
  • Köln
  • Trier
  • Verdun
  • Cambrai
  • Regensburg
  • Straßburg
  • Konstanz
  • Metz
  • Toul
  • Namur
  • Mainz
  • Würzburg
  • Basel
  • Zürich

Allerdings haben diese Münzprägestätten in der Regel nicht viele Münzen geprägt und auch nicht kontinuierlich gearbeitet. Auch die „Münzhauptstädte“ Köln oder Trier scheinen zwischen 925 und 950 v. Chr. gar nicht geprägt zu haben. Ebensolche Lücken gibt es in Mainz, Straßburg und Konstanz. Als den deutschen Königen mit Lothringen zeitweise die prägeintensivste Landschaft (bis 925 v. Chr.) entzogen war, nahm die Prägung deutlich ab.

Seit den Ottonen verliehen die sächsischen Kaiser das Münzrecht vor allem an die hohe Geistlichkeit (siehe auch Kloster). Neben einem Ausbau des Münzwesens an der Mosel und der Maas, in Lothringen, Flandern und Friesland kamen an Rhein und Ruhr Münzprägestätten an diesen Orten hinzu:

  • Breisach
  • Selz
  • Speyer
  • Worms
  • Bingen
  • Boppard
  • Koblenz
  • Andernach
  • Hammerstein
  • Utrecht
  • Remagen
  • Bonn
  • Berg
  • Werden
  • Essen
  • Dortmund
  • Duisburg
  • Xanten
  • Rees

Im Osten wurden viele Münzrechte vergeben, darunter an diese Prägeorte:

  • Osnabrück
  • Minden
  • Herford
  • Paderborn
  • Corvey
  • Fritzlar
  • Fulda
  • Hersfeld
  • Braunschweig
  • Hildesheim
  • Goslar
  • Quedlinburg
  • Naumburg
  • Erfurt
  • Merseburg
  • Meißen

Im Norden gab es Münzprägestätte in:

  • Lüneburg
  • Bardowick
  • Stade
  • Bremen
  • Emden
  • Jever
  • Leer

Unter den Staufern wurden – wie zum Ende der Salierzeit schon geschehen – die Münzrechte an weltliche Fürsten und Adlige vergeben, später auch an Städte.

Münzprägestätten im Spätmittelalter – Spezialisierung

Bis zum 13. Jh. wurden die Münzen in kleinen Werkstätten hergestellt, wobei in einigen größeren Städten mehrere Werkstätten stationiert waren, wie zum Beispiel vier Münzprägestätten in Brügge oder etwa zehn in London.

Im 13. Jh. änderte sich die Münzproduktion. Kleinere Städte verloren ihre Münzhoheit und ihre Münzstätten, während die größeren Münzstände schon fast fabrikähnliche Münzstätten einrichteten. Aufgrund der neuen Spezialisierung mussten in den Münzprägestätten Räumlichkeiten geschaffen werden:

  • für das Kundengeschäft,
  • für die Schreiber,
  • für die Probierer,
  • zum Herstellen der Schrötlinge,
  • zum Prägen,
  • für die Werkzeuge,
  • für Tresore, Waagen, Schmelzöfen und
  • Räume für den Gottesdienst und die Wohnung des Münzmeisters, der den Münzbetrieb und die Verwaltung leitete.

Die größeren Geräte wie zum Beispiel die Eisentische mit Rinnen stellte der Münzherr, während spezielle Werkzeuge wie die Münzstempel, Scheren und Hämmer meist von den Stempelschneidern, Münzgesellen oder dem Münzmeister selbst gestellt wurden. Ein staatlicher Beamter (der Wardein) beaufsichtigte die Ausgaben und Einkünfte und kontrollierte die Geldwährung und den Geldwechsel. Probierer, die das Gewicht und den Feingehalt überprüften, und die Stempelschneider wurden ebenfalls in den staatlichen Dienst eingestellt. Auch die einflussreiche Kaufmannschaft stellte Aufsichtspersonen (frz. contre-gardes), die die staatlichen Kontrolleure und Münzmeister nochmals kontrollierten.

Die großen Münzbetriebe des Mittelalters hatten die vielleicht ausgeprägteste Arbeitsteilung ihrer Zeit, um die Produktionszahlen von mehr als einer Million Münzen pro Monat zu erreichen. Die „zecca" in Venedig gehörte zum Beispiel mit etwa 200 Angestellten und Arbeitern zu den größten Arbeitgebern des Mittelalters.

Münzprägestätten in der Neuzeit – Modernisierung

Die Neuzeit war geprägt vom Widerstand der Münzer gegen die Technisierung. Das Spindelprägewerk, das schon im 16. Jh. in Italien und Augsburg eingesetzt wurde, hielt daher erst im 18. Jh. Einzug in die Münzprägestätten. Das Münzgebäude musste nun ein möglichst stoßfestes Fundament besitzen, um die Schläge des Spindelprägewerks auffangen zu können. Nach der Entdeckung der Dampfkraft durch James Watt richtete dessen Freund Matthew Boulton 1786 in Birmingham die Soho Mint ein, deren Prägemaschinen bereits mithilfe der Dampfkraft angetrieben wurden.

Münzprägestätten im 19. und 20. Jahrhundert – Zentralisierung

Eine einschneidende Verbesserung der Mechanisierung der Prägung wurde mit dem 1817 von Dietrich Uhlhorn erfundenen Kniehebelprägewerk erreicht. Die Industrialisierung der Produktion und die Zentralisierung der Münzprägung durch die Nationalstaaten führten im 19. Jh. schließlich zu einem erheblichen Münzstättenschwund. Durch die Automatisierung waren schließlich die großen Münzstätten des 20. Jh. in der Lage, für andere Staaten kostengünstig zu prägen. Für einige kleine Staaten lohnte sich dagegen die Errichtung einer eigenen Prägeanstalt nicht mehr.