Grosso
Bezeichnung für die italienische Münzsorte, die seit dem 12./13. Jh. in unterschiedlichen Gewichten und Werten in vielen ober- und mittelitalienischen Städten ausgegeben wurde. Ihre Gemeinsamkeit besteht darin, dass sie größer sind und auch höher bewertet wurden als der doppelte Denaro, der bis dahin als größtes Silbernominal zur Ausprägung kam. Die italienischen Grossi stellen also ein (variables) Vielfaches des Denaro dar und gelten als Vorläufer des Groschens zu 12 Denari, der in Italien als Grossone bezeichnet wird. Schon in der 2. Hälfte des 12. Jh.s entstand im reichen Genua ein Grosso mit einem Gewicht von ca. 1,4 g. Im ebenso wohlhabenden Venedig wurde der bedeutendere Matapan geprägt, eine Feinsilbermünze mit einem Raugewicht von etwa 2,2 g. In der ersten Hälfte des 13. Jh.s wurden vielerorts Grossi ausgemünzt, u.a. in Bergamo, Como, Cremona, Florenz, Mailand, Pisa, Parma, Pavia und Triest. Spätere Grossi folgten, u.a. der Anconetano, Bolognino grosso, Carlino, Gigliato, Guelfo und Grosso Romanino. Letzterer hatte ein Gewicht von ca. 3,2 g und lag damit nur etwa ein Gramm unter dem Gewicht des französischen Gros tournois, der dann zum Vorbild der europäischen Groschenprägung werden sollte.
Durch die Vormachtstellung in Handel, Gewerbe und Finanzwesen entwickelten sich die Städte Oberitaliens - allen voran Genua, Venedig und Florenz - im Mittelalter zu den wohlhabendsten Städten Europas. Den gestiegenen Ansprüchen des Geldumlaufs konnten die verschlechterten italienischen Denari nicht mehr genügen. Denn die Nachfolger der karolingischen Denare hatten durch Gewichts- und Feingehaltsverluste viel von ihrem Kredit eingebüßt. Die steigende Silberproduktion nahm mit der Förderung von Trient, Montieri, Massa Maritimi (Toskana), Sardinien, dem Lavant-Tal (Kärnten) und Freiberg (Erzgebirge) - im 13. Jh. kamen auch Iglau (Mähren), Kuttenberg (Böhmen) und ungarische Bergbaureviere hinzu - europaweit einen starken Aufschwung. Damit konnte genügend Silber beschafft werden, um dem Bedürfnis der prosperierenden Kaufleute nach größeren Münzen zu entsprechen, die einen höheren Wert darstellten. Vermutlich wurde zunächst nur daran gedacht, die guthaltigen karolingischen Denare wiederherzustellen. Die guten Bedingungen führten zu den Grossi, die wohl als Vorläufer oder zumindest als Entwicklungsschritt zur europäischen Groschenprägung nördlich der Alpen angesehen werden können. Wenn man dazu noch die Entwicklung der Goldmünzen rechnet, die in der 2. Hälfte des 13. Jh.s u.a. von Florenz (Floren) und Venedig (Dukat) ausging, so lassen sich die monetären Innovationen der oberitalienischen Staaten im 12./13. Jh. vielleicht als Ausgangspunkt für die Entwicklung des europäischen Münzsystems im abendländischen Spätmittelalter sehen.
Bologna, Grosso (15. Jh.)